Werkstattratsvorsitzende zieht erste Bilanz

Werkstattratsvorsitzende zieht erste Bilanz

Tanja Lohmeier ist seit einem Jahr für die Interessenvertretung der Beschäftigten freigestellt

Lübbecke (LH). Tanja Lohmeier ist Vorsitzende des Werkstattrates bei den Lübbecker Werkstätten gGmbH. Seit fünf Jahren engagiert sie sich in dieser Position für die Belange der Beschäftigten der Lübbecker Werkstätten, die als Einrichtung der Lebenshilfe Lübbecke Menschen mit Behinderung Teilhabe am Arbeitsleben, berufliche Bildung und Förderung ermöglicht. Seit einem Jahr ist Lohmeier für diese Tätigkeit von ihrer eigentlichen Beschäftigung in der Betriebsstätte STABAK-Industrieservice freigestellt. Sie arbeitet in einem eigenen Büro in der Betriebsstätte Am Osterbruch. Zeit eine erste Bilanz aufzustellen.

Wie sind Sie Vorsitzende des Werkstattrates geworden, Frau Lohmeier?

Ich bin zunächst von den Beschäftigten aller Betriebsstätten der Lübbecker Werkstätten in den Werkstattrat gewählt worden. Bei der konstituierenden Sitzung, also der ersten Sitzung nach der Wahl, wurde ich von den Mitgliedern des Werkstattrates zur Vorsitzenden gewählt.

Für welchen Zeitraum sind Sie berufen?

Die Wahlen für den Werkstattrat finden alle 4 Jahre statt. Die nächste Wahl ist wieder 2021.

Was ist der Werkstattrat und welche Aufgaben hat er?

Der Werkstattrat ist eine Art Betriebsrat der Menschen mit Behinderung, die in einer Werkstatt für behinderte Menschen beschäftigt werden.

Wie sieht ihr Arbeitsalltag aus?

Ich erledige den anfallenden Schriftverkehr, schreibe Berichte oder Protokolle von Terminen die stattgefunden haben, stimme Termine ab, bereite die Werkstattrats-Sitzungen vor, leite diese und schreibe das Protokoll nach den Sitzungen. Ganz wichtig für meine Arbeit sind Gespräche mit den Beschäftigten und den verschiedenen Mitarbeitern der Lübbecker Werkstätten.

Wie tragen die Beschäftigten ihre Anliegen an Sie heran und wie halten Sie den Kontakt zu den Beschäftigten in den Betriebsstätten?

Die Beschäftigten können mich persönlich ansprechen oder jederzeit im Büro anrufen. Manchmal werde ich direkt angesprochen, aber meistens läuft das über die Mitglieder und Beisitzer des Werkstattrates. Alle Betriebsstätten sind durch einen gewählten Vertreter oder einen Beisitzer im Werkstattrat vertreten.

Als Ansprechpartnerin in den Betriebsstätten unterwegs: Tanja Lohmeier besucht mit Beate Bujack in der Betriebsstätte Am Osterbruch. Bujack ist auch im Werkstatrat aktiv.

Mindestens einmal im Jahr besuchen wir jede Betriebsstätte und sprechen mit den Gruppenräten. Jede Betriebsstätte hat einen Gruppenrat. Der Gruppenrat besteht aus den Gruppensprechern der Arbeitsgruppen. Sie klären kleinere Probleme in ihrer jeweiligen Betriebsstätte mit den Betriebsleitern ab.

Welche Themen sind für die Beschäftigten besonders wichtig?

Grob gesagt alle Fragen, die für die Beschäftigten wichtig sind. Das Thema Lohn/Entgelt spielt für die Beschäftigten eine große Rolle, weil es mit Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld sehr komplex ist. Wünsche zu arbeitsbegleitenden Maßnahmen werden an uns herangetragen aber auch Wünsche zum Essen oder Probleme mit dem Fahrdienst werden angesprochen.

Wie ist die Zusammenarbeit mit der Werkstattleitung? Bekommen Sie Unterstützung für Ihre Tätigkeit?

Ansprechpartner für den Werkstattrat sind Herr Lemper und Herr Thielemann. Sie nehmen auch 1-mal im Monat an unserer Werkstattrats-Sitzung teil. Natürlich kann ich aber jederzeit Themen ansprechen und muss nicht bis zur nächsten Sitzung warten. Das ist besonders wichtig bei Themen, die aus unserer Sicht dringend sind.
Die Zusammenarbeit ist gut. Wir werden als Werkstattrat ernst genommen. Auch die Themen die wir ansprechen, werden ernst genommen. Das ist leider nicht in jeder Werkstatt der Fall. Unterstützung haben wir durch Michael Dräger, er ist unsere Vertrauensperson. Er erklärt Sachverhalte bei schwierigen Themen oder hilft bei organisatorischen Sachen.

Was konnten Sie für die Beschäftigten erreichen?

2014 wurde in Lübbecke eine Buslinie des ÖPNV vom ZOB über den Bahnhof zur Hausstätte eingerichtet, damit die Kollegen aus der Hausstätte 20 und einige aus der Betriebsstätte Am Osterbruch nicht unbedingt auf den Fahrdienst angewiesen sind. Es ging darum, die Selbständigkeit der Kollegen zu erhalten oder zu fördern.
Seit 2014 hat sich der Werkstattrat mit dafür eingesetzt, dass eine Bushaltestelle mit einem Unterstand errichtet wird. Das Thema wurde immer wieder angesprochen. Seit 2016 gibt es jetzt ein kleines Buswartehäuschen mit einer Bank, auch wurde noch eine zusätzliche Lichtquelle angebracht, da es im Winter sehr dunkel war oder der Weg wurde mit feinerem Split versehen, damit man nicht stolpert.
In einer Arbeitsgruppe wurde ein Sicherheitsspiegel gewünscht, da dort ein Weg vom Lager in die Gruppe führt. Die Stelle ist aber schlecht einzusehen, wenn Material transportiert wird. Das Problem haben wir angesprochen. Nach einer Besichtigung vor Ort wurde sehr schnell ein Spiegel angebracht.
Das sind jetzt nur 2 Beispiele aus der Arbeit des Werkstattrates der Lübbecker Werkstätten. Wir haben natürlich viele verschiedene Themen, die wir besprechen.

Welcher Erfolg ist Ihnen besonders wichtig?

Ich bin nicht nur die Vorsitzende des Werkstattrates der Lübbecker Werkstätten.
Ich arbeite auch auf Landesebene mit. Ich bin eine von 17 Delegierten der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstatträte von Nordrhein-Westfalen (LAG WR NRW). Wir beschäftigen uns dort eher mit den politischen Themen. Ein Ziel ist unter anderem, dass die Beschäftigten mehr Entgelt bekommen. 
Einen Teilerfolg konnten wir für uns schon verbuchen. Am 16.09.2016 hat die LAG WR NRW die „Kölner Forderungen“ verabschiedet. Darin wurde unter anderem von uns gefordert das Arbeitsförderungsgeld zu erhöhen. Zum 01.01.2017 hat die Politik unserer Forderung nachgegeben und das Arbeitsförderungsgeld von 26,- Euro auf 52,- Euro erhöht. Es wurde also verdoppelt.

Wer Interesse hat, sich einmal die Positionen und Ziele der LAG WR NRW anzuschauen, kann gerne unsere Internetseite besuchen.

Besonders wichtig ist mir aber auch, dass die Kollegen auch eine Rückmeldung vom Werkstattrat bekommen, wenn sie ihre Ideen oder Beschwerden oder Themen bei uns ansprechen. Vor einigen Jahren haben wir noch ganz oft den Satz gehört: „Ihr fahrt ja nur zum Kaffee trinken!“ Das lag daran, dass den Kollegen nicht so ganz klar war, mit was für Themen der Werkstattrat sich beschäftigt. Oder „Es bringt doch nichts, den Werkstattrat anzusprechen, das wird sich sowieso nicht ändern!“ Jetzt sehen die Kollegen aber so langsam, dass der Werkstattrat doch etwas bewirken kann, auch wenn einige Sachen länger dauern. Bei solchen Themen müssen wir natürlich auch hartnäckig sein und diese immer wieder ansprechen.

Welche Projekte möchten Sie im kommenden Jahr angehen?

Es gibt verschiedene Projekte, die wir in Planung haben. Das wichtigste ist, dass wir die neuen Kollegen in den Berufs-Bildungs-Bereichen über die Arbeit des Werkstattrates aufklären.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Kein Beschäftigter sollte sich dafür schämen müssen, dass er in einer Werkstatt für behinderte Menschen arbeitet. Also mehr Akzeptanz in der Gesellschaft.
Das Netzwerk von Werkstatträten der verschiedenen Werkstätten in Deutschland könnte noch weiter ausgebaut werden.

Wichtig für die Werkstatträte ist der Austausch untereinander. Das erlebt man immer wieder, wenn man bei verschiedenen Fortbildungen ins Gespräch kommt. Da jeder Werkstattrat sich mit ähnlichen Themen beschäftigt, kann man für sich auf diese Weise doch die eine oder andere Idee mitnehmen.
Wir in OWL haben, aus meiner Sicht, ein sehr gutes Netzwerk. 2-mal im Jahr treffen sich die Werkstatträte der Werkstätten in Bielefeld zur Regionalkonferenz um sich über ein Thema auszutauschen.

Aber auch die Arbeit der Werkstatträte auf Landes- und Bundesebene ist wichtig.

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